Landkartennarr und Niederlagen oder: Meine Silbermacke (1)

Den tiefen Rinnen des Eigenen nachzuspüren, das möchte ich tun, jetzt wo ich alt geworden bin und immer älter werde. Das ist der erste Beitrag zum Thema „Was bleibt?“

Ich bin ein Landkartennarr, kein „Freak“. Das überlasse ich den Englischsprachigen. Schon mein Vater (1920 – 2012) interessierte sich immer für Landkarten. Und dann war ich schon immer ein Patriot, auch ein Lokalpatriot. Stolz war ich auf Brandenburg (an der Havel). Diese Stadt war die Wahl meines Großvaters väterlicherseits. Er wollte sich von seinem Vater H-J emanzipieren, der es in der 3. Generation in Berlin, in der deutschen Reichshauptstadt, am weitesten gebracht hatte.

Ziesar war neben Brandenburg selbst die einzige Stadt im Landkreis Brandenburg. Inzwischen sind die Kreise neu gestaltet und er heißt jetzt „Potsdam-Mittelmark“. Typisch Zeitgeist: Wer schon viel hat – Potsdam – kriegt immer noch mehr, anstatt auch dem Zweit- und Drittplatzierten etwas zu lassen. Alles auf einen Haufen, genauso wie es mit unserem Lottosystem ist: 16 Millionen sind der Hauptgewinn.1 Das animiert offenbar mehr zum Lottospielen als 160 Mal 100 000. 160 mittelgroße Glückszustände im Vergleich zu einem einzigen riesengroßen, der sowieso über das hinausreicht, was ein einzelner Mensch verkraften kann. Aber keine Chance. Unsere Gesellschaft – die Menschen – ticken nun einmal so. Ich nicht. Ich bin stolz darauf, anders zu sein, einschließlich patriotisch.

Was hatte ich mir als Junge gedacht, als ich zum ersten Mal – im Trabant mit meinen Eltern – an Ziesar vorbei fuhr? Wow, noch eine Stadt im Landkreis Brandenburg. Dann muss Brandenburg ja wirklich bedeutend sein, wenn zu seinem Landkreis sogar zwei Städte gehören. Und ein Bahnhof war natürlich auch da, damals noch. Das ist eine „tiefe Rinne“ meines Lebensgefühls, besonders tief eingegraben, weil sie wahrscheinlich genetisch schon über Generationen überliefert ist:

Ich bevorzuge das Zweitbeste, lasse mich gern an einem Außenposten des Eigenen nieder. Zur Not kann ich mich zurückziehen auf den Kern und das Zentrum des Eigenen. Verweile ich an seinem Rand, habe ich viel für mich „sicher gestellt“ und es bleibt dann ja immer noch etwas, und das ist sogar das Beste und Meiste, für den Rückzug übrig. Ein schönes Gefühl, so wie wenn ich eine Burg mit einer dicken Mauer besitzen würde und am Rand vor der letzten Außenmauer befände sich ein Gebäude, etwas wie ein Mauerturm, auch solide gebaut wie die Burg selbst mit einem gut beheizbaren Wohnzimmer, aber alles natürlich kleiner als das Zentrum.

Aus dieser gleichen inneren Lebenslogik heraus habe ich immer Silber gegenüber Gold bevorzugt und ein Vize-Posten auf der Stufe eines Ersten Stellvertreters gefällt mir besser als der Chefposten selbst. Ich hätte auch schon viel zu sagen und es bliebe mir trotzdem immer noch eine Steigerung übrig, die ich, wenn sie sich denn ergeben hätte, auch nicht ablehnen würde.

Das ist auch das Gleiche, warum ich mich mit Schlesien verbunden fühle, obwohl keiner meiner Vorfahren dort gelebt hat, oder mit West- und Ostpreußen, mit dem ich väterlich-mütterlichseits tatsächlich verbunden bin. Das Riesengebirge fasziniert mich. Früher, als es noch zum Deutschen Reich gehörte, urlaubten viele Deutsche hier. Jetzt fast gar keine mehr. Es zieht sie alle nach Neuseeland oder an andere englischsprachige Enden der Welt, in Sonderheit die deutsche Jugend. Ich finde es sehr schade, wie hier Beziehungen zum Eigenen gekappt werden.

Vielleicht geht es uns Deutschen dereinst wie den Juden, die ein Großteil von ihnen ausrotten wollte bzw. geschehen ließ, dass die Nazis dies versuchten. Vielleicht sind wir auch einmal zerstreut in alle Winde, aber für uns gibt es kein Israel und keine gemeinsame Sprache mehr. Die schätzen viele Deutsche schon in Deutschland gering. Sie schicken ihre Kinder auf die „Internationale Schule“, damit sie von grundauf die „richtige“ Sprache lernen. Der einzige, der dann trauern wird, wenn sich Deutsch-Land aufgelöst hat, wird die EU sein, denn die hat dann keinen Zahlmeister mehr.

Wahrscheinlich löst sich Deutschland doch nicht auf. Schließlich hat ja die CDU unter Führung von Frau Merkel das grandiose Werk der Weltoffenheit geleistet, und die Ampel setzt das konsequent fort: Immer mehr muslimische Bürger kommen und werden ruck-zuck eingebürgert. Wahrscheinlich wird im Laufe der Zeit aus Deutschland eine muslimische Republik. (Berlin gibt uns heute schon einen Vorgeschmack davon, wie das sein wird. Und das Orientalische hat ja auch in der Tat seinen Charme.) Das wäre mir, ehrlich gesagt, lieber als dass Deutschland zu einem weiteren Bundesstaat der USA wird. Es gibt ja auch muslimische Demokratien. Und Arabisch als zweite Amtssprache in Deutschland würde mir auch besser gefallen als Englisch. Und dann hätte die FDP bezüglich ihres Wunsches, neben Deutsch eine zweite Amtssprache einzuführen, auch ihren Willen, damit die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte erleichtert wird. Ich vermute, von den Einwanderern sprechen mehr Arabisch als Englisch.

Dann – ich hatte es schon in einem vorigen Beitrag geschrieben – hätten wir auch wieder mehr deutsche Bürger, die willens und in der Lage sind, ihre nationalen Interessen auf eine vitale und selbstbewusste Weise zu vertreten.

1 Das ist das gleiche kranke Denken wie bei unserem Rentensystem: Wer das Glück hatte im Leben, tüchtig sein zu können bzw. wer beim Tüchtig-Sein Glück hatte, steigt mit einem hohen Betrag in seine Rentenzeit ein. Und nun wird durch die prozentualen jährlichen Rentensteigerungen das, wie es nun einmal war, immer weiter und wieder reproduziert: Ein paar Prozent von viel machen viel mehr aus als ein paar Prozent von wenig. Dem Leistungsgedanken wird doch schon Rechnung getragen durch die unterschiedlichen Beitragspunkte zur Berechnung der Ausgangsrente. Danach könnte es doch nun einmal gut sein und sozusagen „Gnade vor Recht“ ergehen und alle Rentner bekommen die gleiche Rentenerhöhung – Prozente vom errechneten Mittelwert aller Renten. Dann würde sich nicht immer weiter auseinanderspreizen, was sich einmal so ergeben hatte im Sinne: Wer viel hat, soll noch mehr bekommen und wer wenig hat, soll auch nur wenig dazu erhalten.

3 Kommentare zu “Landkartennarr und Niederlagen oder: Meine Silbermacke (1)”

  1. Marlen sagt:

    Lieber Karl, zum Leistungsprinzip fällt mir spontan der Spruch ein: „Glück hat nur der Tüchtige“. Leider trifft natürlich das Glück (Glücksspiel, Erbschaft) auch andere. Aber ich bin schon der Meinung, dass einer, der beim Lernen und Arbeiten immer tüchtig war, mehr verdient hat als einer, der sich im Leben nur bequem eingerichtet und es in vollen Zügen genossen hat.

    Deswegen bin ich auch gegen das Gießkannen-Prinzip, sowohl beim Bürgergeld als auch bei den Renten. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich denke, das Geld wird bei uns gerecht verteilt. Ganz im Gegenteil, die Ungerechtigkeiten schreien zum Himmel. Solange man mit Geld oder Handel (vor allem mit Rauschmitteln oder Menschen) mehr Geld verdienen kann als mit ehrlicher und gesellschaftsnützlicher Arbeit (z.B. Altenpflege, Kindererziehung, medizinische Betreung, Handwerk), wird sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander spreizen. Die gesellschaftliche Unzufriedenheit nimmt weiter zu, berechtigterweise auch der Neid gegenüber denen, die auf der Sonnenseite leben.

    Beispielsweise sollte es von staatlicher Seite aus eine Regelung für Obergrenzen bei Gehältern und Pensionen geben (bei Managern, Sportlern, Künstlern, Politikern). Stattdessen wird der gesellschaftliche Neid geschürt, indem man in den Medien, wie zum Hohn, auch noch diese Unsummen präsentiert bekommt. So kann man die arbeitende Bevölkerung zwar wütend machen, aber keinesfalls zum Arbeiten motivieren. Stattdessen sucht wohl jeder nach einer Alternative, um ohne große Anstrengung den größtmöglichen Nutzen zu haben.

    Warum wohl finden unsere Handwerker keinen Nachwuchs mehr? „Handwerk hat goldenen Boden“, so hieß es mal früher, doch mit den Händen lässt sich heute nur schwer noch eine goldene Nase verdienen.

    So viel zum Leistungsprinzip…

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